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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #351 vom 21.07.2003
Rubrik Texte - lesen oder hören

Albert Camus "Die Pest"

Hörbuch mit Vorleser Ulrich Matthes
(3CD; Patmos)

"Die Pest" ist der bekannteste Roman des Existenzialisten Albert Camus (1913-1960). Und als ich Abitur machte, Ende der 1980er Jahre, da war es Mode unter uns, diesen schwarz-roten Rowohlt-Band in der Tasche mit sich herumzutragen. Warum war das cool – und warum finde ich das heute noch? Fangen wir vorne an: "Am Morgen des 16. April trat der Arzt Bernard Rieux aus seiner Wohnung und stolperte mitten auf dem Flur über eine tote Ratte." Rieux befindet sich in der Stadt Oran, irgendwann in den 1940er Jahren. Und nach den Ratten sterben die Menschen. Niemand mag es aussprechen, doch allen ist klar, nach dem letzten Ausbruch der Pest 1921 in der Mandschurei, ist jetzt die Stadt Oran befallen. Oran wird von der Außenwelt abgeriegelt. Oran ist ein Grab, das abends wegen der Ausgangssperre "zu Stein erstarrt". Die Bewohner setzen alles daran herauszukommen. Nur Rieux und wenige andere kämpfen mit wachsender Verzweiflung gegen die apokalytischen Zustände. Ein Priester predigt zur Menge, die Pest sei ein Zeichen Gottes: Die Guten brauchen keine Furcht zu haben, die Bösen aber müssten leiden! Rieux kommt zu anderen Schlüssen. Nicht Gott hilft den Menschen in dieser absurden Situation, nein, es ist der Mensch selbst, der, solange er Hoffnung in sich trägt, die Herausforderungen des Lebens bestehen kann. Und diese Absage an die Deutung der Welt auf einen Gott hin, die fanden wir damals cool. Wir spürten, dass es nur zu gesund ist, die Verantwortung für sein Leben in sich zu sehen.
"Die Pest" (1947) ist Camus' fiktive Ausformulierung der philosophischen Gedanken, die er in seinem schmalen Bändchen "Der Mythos des Sisyphos" 1942 entwickelt hatte. Wir leiden an der Absurdität des Lebens, stellt Camus dort fest. Warum bringen wir uns nicht einfach um? Nun, findet Camus, gerade das tägliche Anrennen gegen die Absurdität macht uns zu Menschen. "Die Pest" liest Ulrich Matthes, der hochenergetische Schauspieler und Synchronsprecher von Kenneth Branagh in seinen saftigen Shakespeare-Verfilmungen. Der Text ist immer noch brühend heiß und Matthes' Lesung schlicht grandios!
Übrigens: Die letzte Pestepidemie wurde 1991 aus Afrika gemeldet, einige Fälle gab es Mitte der 1990er Jahre am Ural. [vw]


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