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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #311 vom 16.09.2002
Rubrik Tipp der Woche

Underworld "A Hundred Days Off"

Listeningtechnoinmyhouseman – definitives Highlight im elektronisch bisher so schattigen Jahr
(CD, LP; JBO)

Track eins: Ich hätte am liebsten aufgehört zu arbeiten. Track zwei: Ich hab's eigentlich getan. Track drei: War da nicht eben ein Kunde? Track vier: Ach, ich hör lieber noch zu. Track fünf: Wie, du musst jetzt aber unbedingt auf's Klo? Track sechs: Mist, verpasst. Na, kann ich zuhause nochmal hören. Track sieben: Sag mal, hast du die CD gewechselt? Track acht: Tatsächlich, es ist immer noch Underworld, und wie! Track neun: Was, schon Schluss? Ach so, Feierabend. Track zehn: Du, ich bleib noch sieben Minuten...
Wer Underworld kennt und aus den Mittneunzigern schätzt, der erfährt bei "A Hundred Days Off" eine unwahrscheinlich hohe und unter Umständen sogar 100%-ige Hörwunsch-Darbietungs-Korrelation, die er mit den Worten "Ja, das isses!" begleiten sollte. Underworld bieten keinen zweiten Aufguss, sondern integrieren neue Elemente auf eine sehr markante Weise in ihrem ureigenen Sound. Es geht sogar phasenweise richtig südamerikanisch housig zu, um dann in eine sehr groovige, ruhige Shuffledub-Nummer zu wechseln, die mit einer (ver-)zerrenden Stimme zu einem Flug durch die virtuelle Höhlenunterwelt abhebt, der niemals enden möge. Wer je dachte, es sei recht dunkel und zudem kühl dort, der wird spätestens nach Ablauf dieses Longplayers vom Gegenteil überzeugt sein, wahrscheinlich bemerkt er aber bereits im zweiten Track eine schöne, wärmende Sonne. Und wer genau hinhört, kann wohl so wenig wie ich ein Schmunzeln unterdrücken, während eine leise Frauenstimme telefoniert und sich dabei die Beats schräg übereinander schieben.
Apropos Frauenstimme: Bislang waren Underworld bei diesem Thema tatsächlich eher unterbelichtet und unterkühlt (böse was?) – doch auch hier präsentieren sie sich recht progressiv. Na gut, die Hauptsingstimme bleibt männlich, aber im Zusammenwirken mit den seltenen, aber sehr gefühlvollen weiblichen Passagen, erfährt die Unterwelt eine sagenhafte atmosphärische Erweiterung. Nicht nur der vokale Raum wird dadurch endlich zu einer gebührenderen Größe aufgezogen, auch sonst überzeugt die Ausnutzung der Stereo-Bandbreite, die so elastisch bleibt, dass sie jegliche Effekte mühelos auffängt und nichts vermatscht. Ich habe Underworld noch nie so plastisch gehört! Wundervolle Sphären, exquisit ausgewählte Samples, Gesang voller Melancholie – seltsam schön harmonisch – und Texte, die bisweilen ironisch anmuten. Und dann ist da doch immer wieder so ein kleines Quietschen, eine leichte Disharmonie oder ab und zu die dicke, fette Basstrommel, die dieses herausragende Werk nie zu seifensamtig erscheinen lassen und dennoch nicht nervtötend sind. Sogar den bereits ziemlich strapazierten Vocoder setzten Underworld so unaufdringlich gekonnt ein, als wollten sie den Schlümpfen ("I'm blue, ladadiladada") nur mal eben kurz zeigen, wie es wirklich geht. Die Vorstellung ist gelungen, in allen Belangen! "You bring light in!" [hüklüt: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a109378


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