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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #289 vom 08.04.2002
Rubrik Neu erschienen

Xavier Naidoo "Zwischenspiel / Alles für den Herrn"

Pop-Soul – Zwischen demütig und großkotzig –
(2CD, LP; Naidoo)

Wie sang Bruce Cockburn vor rund 25 Jahren in "Laughter": "Let's hear a laugh for the man of the world/ who thinks he can make things work/ tried to build the New Jerusalem/ and ended up with New York." Alles falsch – das neue Jerusalem ist Mannheim. Xavier Naidoo hat in Offenbarung 21,16 den passenden Vers dazu entdeckt und verkündet in "Sie ist im Viereck angelegt" seine Erkenntnis: Aha, Mannheim ist also Zion.
Lange hat es gedauert, bis sich Xavier Naidoo mit einem vollständigen Album wieder zurückgemeldet hat. Jetzt gibt's eine Doppel-CD mit 30 Titeln, unterteilt in "Zwischenspiel" mit 'weltlichen' Liedern und "Alles für den Herrn", auf der er zarte Gebete ("Wenn du es willst") vertont, aber auch mit "Ich lass sie sterben" wirklich starken Tobak unters Volk schleudert. Musikalisch fehlt mir an vielen Stellen die Lockerheit, die sein Live-Album auszeichnet: Vieles wirkt statisch und manches auch überproduziert. Lediglich was Xavier Naidoo an stimmlicher Bandbreite präsentiert, lässt alle anderen selbst ernannten deutschen Soulsänger ziemlich blass aussehen. Im Moment ist aber sein musikalischer Kosmos aus Rap, Soul und Pop zu klein, um 30 Titel lang spannend zu bleiben. Wer bei "Alles für den Herrn" etwas genauer hinhört, bekommt einen tiefen Einblick in die Gedankenwelt und in den Glauben des Soul-Barden. Dass er sich mit seiner krassen Offenheit nicht nur Freunde machen wird, scheint ihm egal zu sein.
Dafür verdient er sicher Respekt, aber genau hier beginnt mein Problem mit dem Album. Während sich Naidoo in Interviews gerne sanftmütig und tolerant gibt, sprechen seine Texte eine andere Sprache. Zwischen Arroganz und Hass schleudert er seine Botschaft heraus und penetriert seine Erkenntnisse ins Dogmatische. Die Trennlinie zwischen biblisch fundierten Aussagen und Interpretationen à la Naidoo ist schwer zu ziehen, und die Idee, Mannheim sei Zion, ist noch das harmloseste Beispiel. Zu stark ist der Eindruck, dass der Sänger die Erkenntnis mit Löffeln konsumiert hat, während alle anderen "Babylonier" sind.
Es hinterlässt bei mir ein ziemlich ungutes Gefühl, dass diese Platte in die Charts crashen wird und die meisten nicht merken, was hier abgeht. Wer von sich behauptet, die Bibel intensiv studiert zu haben und mit (scheinbarem) Genuss zusieht, wie die Welt den Bach runtergeht, der hat 'ne Menge von Jesu' Lehren überlesen. [dmm]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Permalink: http://schallplattenmann.de/a108660


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