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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #253 vom 23.07.2001
Rubrik Live - Musik spüren

Manu Chao, 14.7.2001, Wiesen, A

"Was ich in meinem bisherigen Leben gelernt habe..."

Die befürchtete Enttäuschung blieb aus. Es ist doch oft so: Da werden große Erwartungen in ein bevorstehendes Konzert gesteckt, hat man wochenlang nur mehr ein Ziel im Sinn, nämlich dabei zu sein, und dann entpuppt sich dieser Moment als belanglos vertane Zeit, und man erkennt erneut, dass man nicht alles sehen respektive hören muss oder soll, nur weil die Tonträger so verdammt gut sind, noch dazu wenn es sich um ein Festival handelt, bei dem intime Konzertatmosphäre dem dichten Open-Air-Gedränge Platz machen musste. So weit zum Vorfeld.
Nun – nach dem Konzert – liegt die Vermutung nahe, dass es egal ist, wo Manu Chao live auftritt, ob vor 100 oder vor 100.000 oder – wie in Wiesen – vor ca. 7000 Leuten. Seine Musik ist in gewissem Sinne eine chamäleonhaft-kompatible Kunst, die überall hinpasst. Die Mischung aus federleichten Karibik-Rhythmen in Punk-Geschwindigkeit hat nur wenig mit dem zu tun, was auf seinen beiden Solo-CDs "Clandestino" und "Proxima Estacion: Esperanza" zu hören ist und das ist gut so. Er benutzt die Texte und die Songstruktur, um daraus ein neues Gebilde zu formen, hervorragend unterstützt von seiner Band. Vorab bei der Pressekonferenz erklärte Manu Chao dazu: "Jeder der zehn Musiker bringt etwas Wichtiges in die Band ein. Es ist nicht nur so, dass sie die Musik machen, damit ich dazu singen kann. Sie bleiben auch dann eine großartige Band, wenn ich sie verlasse." Schweißtreibende zweieinhalb Stunden, die wie nix vergingen, waren schließlich das Resultat. Musikzitate, die von überall und nirgends herzukommen schienen, prägten die Setlist. Ein Song waren kaum beendet, da erklomm Manu Chao die nächste Idee, die Band hörte sich die ersten Akkorde an, um dann energiegeladen einzusteigen, und ab die Post! Ein Lied dauerte so lange, wie es ihnen Spaß machte und manchmal – als ob Manu Chao des Songs müde wäre – wechselte er abrupt in die nächste Collage. Mano Negra-Songs tauchten da natürlich genauso auf, wie die meisten Songs seiner zwei Solo-Alben, wobei, um es nachdrücklich zu erwähnen, kein Lied klang wie man es von seinen Alben kannte. Meistens herrschte Hochgeschwindigkeit aus rauen Gitarren und satten bis schrägen Bläsersätzen sowie anfeuernde Rufe aus dem Bandkollektiv, um noch mehr Gas zu geben. Einfach phänomenal!
Nochmals zurück zur Pressekonferenz: "Ich mache nicht Musik gegen etwas, ich versuche, Musik für etwas zu machen." Diese Aussage entstand aufgrund der Frage ob seiner sozialkritischen Texte, sowie seiner Botschaft an die Welt: "Wenn ich einen Song schreibe, frage ich mich nicht, ob ich damit die Gesellschaft verändern kann. Ich schreibe diesen Song für mich." Vielleicht geht's a bisserl weniger kryptisch? "Viele wichtige Entscheidungen, die für ein Land getroffen werden, passieren nicht auf demokratiepolitischer Ebene, sondern es sind mächtige Wirtschaftsbosse, die unsere Zukunft entscheiden. Bei der Globalisierungsdebatte ist es wichtig, dass die Globalisierungs"gegner" erkennen, dass sie alle, egal welcher politischen Richtung sie angehören, am selben Seilende ziehen." Die Musik und die Texte, das klingt alles so einfach und simpel, und zieht doch alle unweigerlich in den Bann, wie kann sich Manu Chao das erklären? "Ich liebe die Einfachheit. Je einfacher ein Song ist, desto effizienter ist er. Bob Marley ist für mich der Lehrer der Einfachheit. Was ich aber in meinem bisherigen Leben gelernt habe, ist, keine Helden und Idole zu haben. Da kann man nur enttäuscht sein, wenn man sie persönlich kennen lernt..." [mh]


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