#203 vom 03.07.2000
Rubrik Feature, Artikelreihe Voodoo Jive – Rhythm & Blues im Schnelldurchlauf
Son Seals "Lettin' Go"
(CD; Telarc)
Keiner hat ihn richtig vermisst, umso überraschender sein Comeback: Son Seals galt in den 70er Jahren als die einzigst bemerkenswerte Entdeckung des Chicago-Blues und war ein Jahrzehnt lang eine feste Größe des modernen Blues. Trotz seines (für Blues-Verhältnisse) relativ jungen Alters wurde dieser bemerkenswerte Sänger, Gitarrist, Komponist und Arrangeur in den 80ern von einer neuen Generation von Bluesmusikern verdrängt und auf's Veteranen-Abstellgleis geschoben. Sein jüngster Streich beweist nun, was uns an ihm fehlte – ohne dass wir es wussten. "Lettin' go" ist ein stürmisches Album, mitreißend vom ersten bis zum letzten Ton. Seltsamerweise, muß man sagen, denn die musikalische Form ist keineswegs außergewöhnlich. Cool groovende Shuffles, hitziger Funk, treibender Old School Rock´n´Roll und satte Bläser. Doch die Feinheiten machen den Unterschied. Seals' Gitarrenspiel beispielsweise ist äußerst ungewöhnlich. Spielt er ein Solo, so wechselt er kaum die Lage, vielmehr variiert er ein und dieselbe Phrase immer wieder neu und überdehnt sie bis zur Schmerzgrenze. Die Wirkung ist eine verblüffende Intensität, ein stetiges Hochschaukeln, das nicht wenig von einem sexuellen Akt hat. Seine Stimme, ein kraftvolles, dunkles und rauhes Organ, passt hervorragend in diesen Kontext. Ein äußerst originelles Album mit Biss und Feuer. [pg: @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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