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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #186 vom 20.02.2000
Rubrik Neu erschienen

Various "The Half Ain't Never Been Told - Early American Rural Religious Music - Classic Recordings from the 1920s and 30s, Vol. 1 + Vol. 2"

Grandiose Zusammenstellung alter Gospel-Schellacks
(CD; Shanachie)

Jedem sein ganz persönlicher Sonntag. Man muss nicht unbedingt an irgendeine Religion glauben, um solcherart Musik zu mögen, kann aber – ohne in Gewissenskonflikte zu kommen – und das ist der Vorteil von Gospel-Music. In hiesigen Breiten (sprich: Kirchen) hält diese Musikform auch bereits Einzug, wenn auch mit einem eigenartigen Nachgeschmack, nämlich europäisch weiß. Abgesehen davon: Wer glaubt, dass Whitney Houston (stellvertretend genannt) eine Gospel-Sängerin mit viel Soul ist, der gehe mal schnell zum Plattenhändler seines Vertrauens und öffne den Geldbörsel weit genug, denn diese 46 Songs bringen das Herz zum Jubilieren. Da steckt meistens nur ein mehrstimmiger Gesang dahinter, oft genug sogar nur ein Solo-Gesang, sporadisch und in keinster Weise perfekt begleitet von einer Slide-Gitarre, klatschenden Händen, Fiddle, Piano, Banjo, Harmonica, was halt grad' zur Verfügung stand.
Auf diesem Doppel-Kompendium, das geldschonenderweise auch einzeln bezogen werden kann, sind heute halbwegs bekannte Größen wie der phantastische Blind Willie Johnson, mit einer Stimme, die aus dem Hades zu kommen scheint, oder der "Prayer Of Death" Charlie Patton und natürlich Reverends wie J.M. Gates vertreten, aber auch so herrlich sperrige Namen wie "Middle Georgia Singing Convention No. 1" oder "Lee Wells & His Jasper, Alabama Sacred Harp Singers". Das Booklet beider CDs ist halbwegs o.k., wenn auch nicht gerade informativ, was den einzelnen Künstler betrifft, dafür sind einige Textzeilen abgedruckt. Leider fehlen auch die Aufnahmedaten der einzelnen Songs. Das alles sollte aber nicht stören, denn das Wichtigste ist die Musik und die darauf enthaltenen Gospels sind Raritäten, die zum Großteil sonst nirgends mehr zu finden sein dürften.
Der rote Faden beider CDs: der Glaube an das Gute in Kombination mit trance-mäßigen Beschwörungsritualen ("O Lord I'm Your Child", "If Jesus Leads This Army", "Leaning On The Lord", "There's A Beautiful City Called Heaven", "Religion Is A Fortune", "He's The One",...). Ohne Umschweife wird hier die Seele gereinigt. Hier steht nicht der vatikanische Glaube und vor allem nicht deren Reichtümer davor, sondern Hoffnung trotz Armut, denn Schwarz zu sein in Amerika der 20er und 30er Jahre hieß ja nicht gerade Anerkennung von Geburt an.
80 Jahre später diese bereits beinahe vergessenen Lieder zu hören bedeutet zweierlei: Neue Gospel-Music ist leider bei weitem nicht so intensiv, sondern gefälscht und geglättet (wobei mit diesen Begriffen vorsichtig umgegangen werden muss, vielleicht ist es nur nicht mehr anders möglich?). Und: Mit diesen 46 Songs erhält die Gospelgemeinde (Musikerinnen! Musiker! Gospel-Chöre! Ihr seid gemeint!), die sich alter Songs bedient, endlich wieder "neues" Futter und vielleicht bleibt uns dann endlich mal "When The Saints Go Marching In", "Joshua Fit The Battle Of Jericho", "He's Got The Whole World In His Hands" und wie sie alle heißen für längere Zeit erspart. [mh: @@@@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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