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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #127 vom 08.11.1998
Rubrik Neu erschienen

Billy Bragg & Wilco "Mermaid Avenue"

Der folk-rockende Geist von Woody Guthrie
(CD; Elektra)

"... come back Woody Guthrie / come back to us now / tear your eyes from paradise / and rise again somehow..." ("Christmas in Washington", 1997).
Steve Earles Bitte wurde erhört, nun liegt Woody Guthries erstes Album seit ca. 50 Jahren mit neuen, unveröffentlichten Liedern vor! Woody Guthrie starb 1967, hinterließ ca. 2.500 Songtexte, frei von Melodie und Rhythmus. Billy Bragg und Wilco wühlten sich - von Woody Guthries Tochter Nora ermutigt - durchs Archiv und lernten einen Woody Guthrie kennen, der Themen und Gedanken verarbeitete, von denen kaum jemand wußte. Die Öffentlichkeit kennt 10% seines Schaffens und diese 10% (ca. 250 Lieder die Woody Guthrie selbst einspielte) definierten ihn als einen Singer/Songwriter, der in erster Linie Protest-Songs schrieb. Falsch!
Billy Bragg in einem Radio-Interview: "... that's the whole point of the project really. It's to make people realize that the Woody Guthrie that they think they know is actually just a pretty two-dimensional figure trapped in the 1930s. Whereas Woody Guthrie was alive and vibrant living in the modern world in Brooklyn in the 1950s. You know you have to take that on board..."
Die Musikwelt kann sich glücklich schätzen, mit Billy Bragg und Wilco derart kompetente Musiker gefunden zu haben, die nun drauf und dran sind, Woody Guthries Lebenswerk zu vollenden (ja, es wird zumindest ein - hoffentlich mehrere - Nachfolgealbum/-alben geben!), die seine Texte mit viel Liebe, Hochachtung, Mut und Intuition, Gefühl und Spannung musikalisch verarbeiteten und KEIN Tribute-Album produzierten, sondern etwas Neues im besten Sinne.
Um nochmals Billy Bragg zu zitieren: "...The Clash were a band that painted anti-fascist slogans on their clothing and their guitars which impressed me greatly. And here is Woody Guthrie a guy who wrote an anti-fascist slogan on his guitar, his Martin acoustic before electric guitars had even been invented. So you have to ask yourself, who indeed is the first punk-rocker? I don't know...". Billy Bragg, Teil der Tradition zwischen The Clash und Bob Dylan, fand nun das Original, denn "... it's hard to see back past Woody...".
Und so ist die musikalische Linie automatisch vorgegeben: vom simplen Acoustic-Guitar-Arrangement (Hörtip: das berauschend geniale Kurzlied "Ingrid Bergman") bis hin zum Rolling Thunder-Revue-Sound Dylans ("Christ For President") und natürlich aufregende Clash-Momente (Jeff Tweedy von Wilco klingt auch tatsächlich wie Joe Strummer), die ruppig und unperfekt - in diesem Sinne perfekt - daherkommen (der Großteil der Songs wurde in ein, zwei Takes eingespielt). Natalie Merchant als Gast-Vokalistin versüßt das Album im sehnsüchtigen "Birds And Ships" und als Ausklang des Albums (!): Ein Reiter (Dick Turpin) gegen den Sonnenuntergang singt zu seinem Pferd (Black Bess) als ob The Band "Streets Of Laredo" oder "St. James Infirmary" neu geschrieben hätten - dabei waren es Woody Guthrie, Billy Bragg und Wilco.
Dieses Album ist mehr wert als ein Händler dafür verlangt. Kaufen!

PS: Wer noch mehr von Woody Guthrie hören möchte, dem sei an dieser Stelle ein anderes Tribute-Album empfohlen, und zwar aus dem Jahr 1969 mit dem schlichten Titel "A Tribute To Woody Guthrie". Hierbei handelt es sich um eine Compilation von zwei Konzerten, eines knapp nach seinem Tod, das andere ein Jahr darauf abgehalten. Beim 1967er Konzert stellte Ry Cooder die Backing-Band und die damaligen Folk-Stars - Collins, Baez, Odetta u.v.m. - sangen zu den wunderbaren Cooder-Klängen; beim 1968er Konzert trat u.a. Bob Dylan gemeinsam mit The Band auf. [mh]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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