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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #84 vom 23.11.1997
Rubrik Live - Musik spüren

Rocky Mountains Folk Festival, 22.-24.8.1997, Lyons, Colo.

Teil 2 von 2

(Fortsetzung)
Genial wie Michelle Shocked, der Headliner des Festivals am zweiten Abend. Michelle Shocked lebt derzeit in New Orleans, La., und dementsprechend impulsiv, erdig, bluesig und roh ist auch ihre Musik. Begleitet von einem Bassisten und einem Schlagzeuger spielte sie selbstverliebt auf ihrer weißen Stratocaster und freute sich über jedes halbwegs gelungene Solo - manchmal meinte sie entschuldigend, vielleicht klappe es nächstes Mal besser. Ihre Aufführung war eine einzige Improvisation: Bei einem Song begann sie ausgelassen zu tanzen und stellte nachher fest, daß sie sich dabei sexy wie nie zuvor fühlte. Daraufhin war die - etwaig vorhandene - Set-List vollkommen vergessen und es entstand ein musikalischer Rückblick in Form von Dancing Songs in einem abstrakten, absolut genialen Medley. Im Endeffekt waren es kaum mehr als sechs, sieben Songs ("Anchorage", "Come A Long Way" und "Graffiti Limbo" durften natürlich nicht fehlen), die sie an diesem Abend bot und neben den Tanzeinlagen versuchte sie dem Publikum klarzulegen, daß die Welt in die falsche Richtung rennt, mit all den Diskriminierungen und Umweltsünden, und daß sich seit der Bürgerrechtsbewegung im Amerika der 60er Jahre nichts geändert hat, mit dem Unterschied, daß es früher wenigstens besungen und dadurch angeklagt wurde, um am Ende des Konzerts ein kleines Kind auf die Bühne zu holen und gemeinsam "We're All The Same" zu singen. Michelle Shocked ist facettenreich wie kaum andere Musiker in diesen Jahren: sie ist Blues-Sängerin, Rock-Sängerin, Folk-Sängerin, Gospel-Sängerin, Country-Sängerin mit einer kaum vorstellbaren Selbstverständlichkeit - sie ist in all diesen Musikstilen beheimatet und wenn die Musikwelt schon nach einem würdigen Bob-Dylan-Nachfolger fahndet, mit Michelle Shocked ist sie gefunden worden.
The Burns Sisters wiederum könnten einmal das Erbe der McGarrigles übernehmen, nicht nur weil sie Schwestern sind (nachzuhören übrigens auf den beiden fabelhaften CDs "Close To Home" und "In This World"). Ihr Harmonie-Gesang wird zwar offiziell mit den Everly Brothers verglichen, das liegt aber wohl eher am höheren Bekanntheitsgrad der Everlys. Schließlich will die Plattenfirma (Rounder) möglichst viele Burns-Sisters-CDs verkaufen. Janis Ian sagte einst über die Schwestern: "If I could split myself in three, I'd be the Burns Sisters". The Burns Sisters besitzen die hohe Eigenschaft, Traditionals zu schreiben ohne zu stehlen; bewegende Texte aus ihren Herzen und nicht aus Kalkül unterstreichen ihr Wesen. Die drei Schwestern Annie, Marie, Jeannie sind hervorragende Live-Künstlerinnen, die nicht nur an der Oberfläche kratzen.
Sehr viel Spaß bereitete der gemeinsame Auftritt mit The Nields. Diese Performance war derart ausgelassen und verbreitete eine selten fröhliche Stimmung, daß es beinahe unheimlich war. Es wurden Lieblingssongs der Künstler gespielt, Anregungen aus dem Publikum aufgenommen und so manche vergessene oder unbekannte Textzeile wurde mit einem Lacher quittiert oder von jemand anders gesungen, der sie gerade wußte. Höhepunkte dieses Events waren die Fleetwood-Mac-Einlage "Don't Stop", bei der die Herzen höher schlugen vor Begeisterung, sowie "Will The Circle Be Unbroken", das organisierte Chaos, jeder durfte sich nach Herzenslust austoben und jeder nahm diese Gelegenheit wahr, sowie Van Morrisons "Irish Heartbeat" im Calypso-Sound. [mh]


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